Was war vor dem Urknall?

Vor geraumer Zeit stellten Physikerinnen und Physiker fest: Das Universum hatte einen Anfang. Eine der größten geistigen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts, wie es Stephen Hawking beschrieb, stellte die Wissenschaft auf den Kopf und warf viele neue Fragen auf. Vor allem: Was war davor?

Melina Runde18.04.2022, 14:13 Uhr

Albert Einstein war einer der bedeutendsten Physiker der Geschichte. Doch auch er konnte sich irren. So war Einstein lange Zeit der Ansicht, dass das Universum keinen zeitlichen und räumlichen Anfang hatte. Andere Physiker bewiesen das Gegenteil – und somit war die Urknall-Theorie geboren. Doch mit ihr kam auch eine andere Frage auf: Was war vor dem Anfang des Universums?

Wie ist die Urknall-Theorie entstanden?

Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig, die Theorie dahinter zu verstehen. Sowohl Albert Einstein als auch Alexander Alexandrowitsch Friedmann wendeten die einsteinsche Gleichung der Relativitätstheorie auf das Universum an. „Dabei kam bereits heraus, dass das Universum nicht allgemein statisch ist, sondern sich entweder ausdehnt oder auch kontrahieren kann“, sagt Astrophysiker Fabian Schmidt, der am Max-Planck-Institut unter anderem zu den Anfängen des Universums forscht.

Einsteins Ergebnisse widersprachen seiner eigenen Überzeugung, weswegen er seiner Relativitätstheorie eine „kosmologische Konstante“ hinzufügte. Sie erlaubte ein Szenario, in dem das Universum statisch ist.

In den 1920er Jahren stellten Astronomen, darunter Edwin Hubble, durch Beobachtungen allerdings fest, dass sich „die Galaxien um uns herum, tendenziell immer von uns weg zu bewegen scheinen“, sagt Schmidt. Ein weiteres Argument für ein expandierendes Universums, das auch Einstein schließlich überzeugte. Hubbles Entdeckung war „eine der großen geistigen Revolutionen des 20. Jahrhunderts“, wie auch der britische Astrophysiker Stephen Hawking in einem seiner Bücher anmerkte. Das Expandieren lässt sich mit einem Luftballon veranschaulichen. Malt man Punkte darauf und bläst diesen auf, „entfernt sich jeder Punkt immer weiter von jedem anderen“, sagt Fabian Schmidt.

Das "Babybild" des Universums: Die Aufnahme der WMAP-Raumsonde zeigt Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung.

Das “Babybild” des Universums: Die Aufnahme der WMAP-Raumsonde zeigt Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrundstrahlung.

© Quelle: NASA / WMAP Science Team

Daraus schlossen Physiker wie George Gamov, dass vor der Ausdehnung die gesamte Materie damals eng gebündelt gewesen sein muss – folglich wäre das der Ursprungspunkt. Außerdem nahm Gamov an, dass sich auch heute noch Strahlungen aus dieser Zeit messen lassen müssten. Er hatte Recht: 1965 entdeckten die Physiker Arno Penzias und Robert Wilson die sogenannte kosmische Hintergrundstrahlung, eine Strahlung im Mikrowellenbereich.